PzGrenBtl 33 auf dem Weg zur AusbStufe ECHO

von Christopher Becher

Samstag, Ende April in BERLIN, Junggesellenabschied. Wir grillen, während unser Floß über die Spree fährt. Durch die Musikanlage kommt Alphavilles „Forever Young“ von 1984. Es wird die Angst vor einer nuklearen Katastrophe besungen und unvermeidlich eine bedrückende Stimmung erzeugt. Der Song gehört der Kalter-Krieg Generation und dennoch ist er erschreckend aktuell. Die Russische Föderation hat einen Staat mit uns ähnlichem Verständnis von Demokratie und Freiheit angegriffen. Und dies eine Tankfüllung von Berlin entfernt. „Are you gonna drop the bomb or not?”

24 Stunden später wieder eine andere Welt. Truppenübungsplatz BERGEN. Zuggefechtsschießen der Kampfkompanien. Der Stab bereitet parallel den SIRA-Durchgang für Mitte Mai vor. Die Kompanien und auch der Stab schaffen die letzten Voraussetzungen für den nächsten Schritt. Der Schritt heißt Ausbildungshöhe ECHO; Ausbildungsebene Bataillon, Panzergrenadierbataillon 33 im Gegenangriff, auf PUMA in KLIETZ. Höhepunkt und Krönung eines langen Weges. Er begann im April 2021. SchÜbZ der 2. Kompanie, Verzögerung gegen die 2./Panzerbataillon 203. Fortgeführt Ende November 2021 durch zwei Wochen Truppenübungsplatz BERGEN, um optimale Voraussetzungen für den im Januar ´22 folgenden SchÜbZ Durchgang der 3. Kompanie gegen die 4. Kompanie zu schaffen. Der erste Durchgang mit zwei Puma Kompanien aus einem Bataillon gegeneinander. 33 schafft es, fünf eigene Züge ins SchÜbZ zu bringen. Die 3. Kompanie greift an, die 4. Kompanie verzögert. Die Kompanien werden durch einen Jäger-Zug und zwei Panzer-Zügen unserer Schwesterbataillone verstärkt. Zur Vertiefung der Ausbildung und zum Wechsel der Gefechtsart kämpfen im März 2022 dann jeweils nochmals zwei Züge der 3./PzGrenBtl 33 mit der 3. Kompanie Panzerlehrbataillon 93 im SchÜbZ. Das Zwischenziel war genommen. Die Kampfkompanien haben alle auf Ausbildungshöhe DELTA, Ebene Kompanie, geübt und ihr Können unter Beweis gestellt. Im April und Mai folgte dann der bereits angesprochene Aufenthalt in BERGEN. Feinjustierung für die Kompanien sowie die Vorbereitung und Durchführung des SIRA-Durchgangs für den Stab.

Die hohe Belastung für Kameraden und Material ist spürbar. Für viele Kameraden ist der PUMA zum zweiten Wohnzimmer geworden. Aber das ist vielleicht der Schlüssel zu der hohen Durchhaltefähigkeit der Fahrzeuge. Die Soldaten pflegen ihre Fahrzeuge. Sie haben den PUMA angenommen und kennen ihn in- und auswendig. Wenn der Bomber wieder mit Fehlermeldungen rumzickt, wissen die Kraftfahrer, ob das Fahrzeug gutes Zureden oder doch mehr braucht. Wenn es mehr ist, müssen die Schützenpanzer zur Instandsetzung. Instandsetzung bedeutet Schirrmeister mit seinen Gehilfen, unsere Gefechtsinstandsetzungstrupps und Kräfte vom Versorgungsbataillon 141. Die bekommen abends defekte Fahrzeuge und geben sie morgens einsatzbereit wieder an die Truppe zurück. Bemerkenswert sind hierbei nicht nur die unzähligen Nachtschichten dieser Kräfte, sondern auch, dass sie mittlerweile die nötigen Fähigkeiten haben, um die Fahrzeuge ohne Industrie durchhaltefähig zu machen.

Auch den Soldaten ist die Belastung anzumerken. Die Übungsplätze inklusive Vor- und Nachbereitung zehrten und zehren an den Kräften. Ein Blick in die Nachrichten genügt jedoch, um die Soldaten und Soldatinnen weitermachen zu lassen.

Dienstag, Anfang Juni, KLIETZ, Ausbildungshöhe ECHO. GROßWUDICKE ist unsere Forward Operating Base, jede Kompanie 1 Zelt, Feldbetten, Dixi-Klos, konzentriert aufs Wesentliche. Unsere Zeltstadt ist erbaut im feinen Sand. Diese Art Sand, bei der sich eine riesige sandige Wolke entwickelt, wenn der Kraftfahrer nicht vorsichtig genug sein Gaspedal berührt. Die Zeltstadt und der Staub erinnern eine andere Generation von Offizieren an AFGHANISTAN. Dies ist aber keine Stabilisierung – dies ist Stahl auf Stahl.

„Bewegung und Entfaltung der PzGrenKp, im Schwerpunkt aufgesessen“ ist das Ausbildungsthema für die ersten sechs Tage. Reihe, Doppelreihe, Keil, Breitkeil. Vierzehn Schützenpanzer PUMA greifen im Breitkeil an. Zugführer und Kompaniechefs führen aus der Truppführerluke. Der Kommandeur beübt jede Kampfkompanie zwei Tage. Die 2. Kompanie ist zwischenzeitlich für die Durchführung von SGA und DPA Ausbildungskompanie geworden. Gleichgültig, „Aufsitzen – Klar zum Gefecht“. Die 2. Kompanie füllt SGA und DPA mit Stammpersonal auf und stellt ebenfalls zwei Züge für die Kompanieausbildung auf. Tag eins: Grundsatzunterricht, Formen der Entfaltung in einfachen Lagen. Tag zwo: Angriff auf- und abgesessen, Nehmen von Engen, Kampf gegen Gefechtssicherung. Durchstoßen und Überflügeln von Feind, Ausnutzen des Angriffsschwungs über neun Kilometer. Zur Auswertung nutzt das Bataillon eine Drohne. Die Bilder der Auswertungsdrohne auf dem Bildschirm im Widder lügen nicht. Dies ist jedoch nur ein „Vorspiel“ für das, was folgt.

Panzergrenadierbataillon 33 im Gegenangriff. Drei Kompanien greifen an, im Breitkeil auf KURGAN – und MYLBERG in Richtung KANZLERHÖHE und nehmen den Raum beiderseits HAVELÜBERGANG. Zwei Tage Bataillonsgefechtsübung, Höhepunkt des ersten Halbjahres oder der letzten Jahre. Im Schwerpunkt stehen die drei Kampfkompanien, dazu kommen AVZug und Scharfschützen. Die Leitung und Durchführung sind beim Kommandeur. Kp-Schiedsrichter werden aus dem Bataillonsstab generiert. Funktionspersonal und Feind stellen die 1. Kompanie und der Stab. AGDUS für die Schützenpanzer gibt es noch nicht, also steuern die Schiedsrichter die Ausfälle. Weder Joint Fire, noch Pioniere haben den Weg nach Klietz gefunden, die Einspielung von Artillerie- und Pioniereinsatz durch Schiedsrichter ist auch hier die Lösung. Es ist nur wenig Leit- und Funktionspersonal für ca. 30 Schützenpanzer. Es funktioniert trotzdem, weil jeder will, dass es funktioniert.

In den Morgenstunden erfolgt der Angriff. Breitkeil, 4. Kompanie links, 2. Kompanie rechts, 3. Kompanie folgt links tief im Schwerpunkt. 16 Schützenpanzer greifen in Kette an, dahinter eine riesige Staubwolke und die 3. Kompanie. Feind bei KURGAN wird zerschlagen, Angriff in Richtung Zwischenziel. Konsolidieren, umgliedern, weiterer Angriff Richtung Osten. Es wirkt am Funk wie ein Konzert, mal hektisch, mal ruhig, einiges wie geplant, anderes improvisiert, aber immer im Takt gehalten durch Palme, den Kommandeur.

3. Kompanie greift voraus über 4. Kompanie weiter an, die 2. Kompanie unverändert rechts. Der Puma faucht – Angriffsschwung! Es knallt, Hektik. Das erste Fahrzeug der 3. Kompanie fährt auf eine feindliche Richtminensperre auf, Absitzen, Freikämpfen, Sperre räumen, Aufsitzen – weiter. Angriffsschwung wieder aufnehmen, Schulterschluss herstellen mit der 2. Kompanie, die im Süden alles freikämpft. HAVELÜBERGANG als Angriffsziel wird auf- und abgesessen genommen. Für alle von uns Bilder, die man nicht vergisst, von Dingen, die höchstens alte Stabsfeldwebel in vergangenen Zeiten mit längst aufgelösten Bataillonen machten. Übungsende, Ende des Kraftaktes und der Anspannung.  Es folgt eine kurze Nachbereitung, denn es wartet mit den Mitgliedern unseres Freundeskreis PzGrenBtl 33 ein gemeinsamer Grillabend, den diese großzügig spendiert haben. 14 Tage Technischer Dienst sind dann für die Folgewochen vorgesehen.

Krieg erschien uns lange Zeit weit weg – seit dem 24. Februar ist er wieder ganz nah. Dank KLIETZ sind wir für diesen Krieg nun besser vorbereitet. „Hoping for the best, but expecting the worst” (Alphaville – Forever Young).